Es ist allgemein üblich, Exchangebörsen zu nutzen, um Fiatgeld wie Euros oder Dollars in Kryptowährungen zu tauschen und dann, um diese Kryptowährungen, wie vor allem Bitcoin und Ethereum, in andere Coins und Tokens weiter zu tauschen. So ist ein lebhafter Kryptowährungshandel entstanden, in dem täglich Werte von vielen Milliarden USD den Besitzer wechseln.
Exchangebörsen zu betreiben, scheint ein lukratives und sehr profitables Geschäft zu sein. Immer mehr Börsen sprießen aus dem Boden und viele neue sind zu erwarten. Die allermeisten sind zentralisiert, also irgendwo mit zentralen Servern ansässig und im Eigentum eines Betreibers. Oft sind allerdings weder Eigentümer noch Standort bekannt. Es besteht noch keine ausreichende staatliche Regulierung von Krypto-Börsen. Die Situation ist durchaus mit den Banken im wilden Westen des 19. Jahrhunderts der USA zu vergleichen. Die Betrugs- und Kriminalitätsrate ist hoch.
Dennoch wird den Börsen vertraut und Geld an sie übertragen. Jeder leichtgläubige Kryptohändler geht davon aus, dass seine Coins und Tokens auf einer Börse einigermaßen sicher sind, und er jederzeit auf diese zugreifen kann. Oft wird auch den Währungsbetreibern vertraut, denn die sollten ja dafür sorgen, dass ihre Tokens oder Coins sicher gelistet sind. Doch darf man nicht unterschätzen, dass neue Blockchainprojekte zunächst froh sind, überhaupt irgendwo gelistet zu sein, um gehandelt werden zu können.
Sicherheit ist eine Illusion. Erstens schon wegen der Technik und der Verwaltung und zweitens, wie die Erfahrungen gezeigt haben und zeigen.
Wer Coins und Tokens (also sein Geld) auf zentralen Börsen liegen hat, hat lediglich die Möglichkeit des Zugriffs auf diese, solange die Börse dies erlaubt. Die Börse besitzt die Privaten Schlüssel und kann den Zugriff jederzeit verwehren oder den Betrieb ganz einstellen. Börsen sind ein beliebtes Ziel von Hackern, weil viele gravierende Sicherheitslücken haben und ihre Kryptowährungs-Wallets online (also "hot") betreiben, was einen kriminellen Zugriff niemals ausschließen kann. Damit sind sie ständiger Gefahr von Hackerangriffen ausgesetzt. Die leidvolle Erfahrung der letzten Jahre belegt dieses Risiko. Millionen von USD in Form von Bitcoin, Ethereum, Dash oder Nano sind schlicht gestohlen worden.
Dabei will man den Börsen nicht einmal unterstellen, dass sie eine Hackerattacke auch erfinden können, das Geld aber auf ganz andere Weise verschwunden ist. Denn Beweise sind nicht immer eindeutig.
Grundsätzlich kann jeder Börsenbetreiber von jetzt auf gleich den Betrieb einstellen und die Börsenguthaben veruntreuen, also stehlen. Wenn er kaum bekannt ist und die Börse in einem Land angemeldet ist, das man schlecht belangen kann, ist das Geld meistens für immer weg. Und eine globale gesetzliche Regulierung fehlt, wie bereits erwähnt.
Aber auch, wenn keine kriminelle Energie im Spiel sein sollte, ist es doch ärgerlich, dass Börsen den Zugriff auf Währungen immer wieder stoppen (vor allem den Withdrawal-Zugriff), weil angeblich tagelange Wartungsarbeiten stattfinden. Auch dann kommt man an seine eigenen Coins nicht heran.
Die meisten Trader gehen davon aus, dass die Coins und Tokens, die sie handeln, auch wirklich auf den Börsen vorhanden sind, das Handelsvolumen also gedeckt ist durch reale Bitcoins, Litecoins oder andere. Dies ist jedoch nicht notwendig und oft nicht der Fall. Solange Trader handeln, also im Börsensystem hin und her tauschen, verdient die Börse gute Gebühren, auch ohne die Coins wirklich verfügbar zu haben. Dies wird Derivatehandel genannt und ist genauso umstritten, wie es im 'normalen' Börsengeschäft der Fall ist, wo z.B. wesentlich mehr Edelmetalle in Papierform gehandelt werden, als in echtem Gold und Silber. Derivatebörsen sind gerade in letzter Zeit sehr erfolgreich und bestreiten mittlerweile den Hauptanteil aller täglichen Handelstransaktionen.
Börsen sehen es daher nicht gerne, wenn Währungen abgezogen, also von der Börse wegtransferiert werden (Withdrawal).
Folgerung: Wer Geld auf zentralen Börsen hat, muss wissen, dass er erstens nicht die privaten Schlüssel (private keys) sein Eigen nennt und damit auch nicht die Coins und Tokens besitzt, und zweitens, dass die Wallets unsicher und jederzeit Hackerangriffen ausgesetzt sein können. Daher lautet die uneingeschränkte Empfehlung, keine Kryptowährungen auf zentralen Börsen zu speichern.
Anders sieht die Situation auf dezentralen Börsen aus. Hier gibt es keinen Besitzer und keinen zentralen Server, und damit ist das Risikopotential wesentlich geringer. Dezentralen Börsen könnte die Zukunft gehören. So sehen dies viele Insider.
Dezentrale Projekte bieten lediglich die Struktur für den Handel von Währungen, der direkt zwischen Anbieter und Nachfrager (Peer-to-Peer oder P2P) stattfindet. Die Daten der Börse sind auf vielen verteilten Servern von Computern weltweit gespeichert. Sie können somit kaum gehackt oder gestohlen werden. Zudem können die Wallets "kalt" aufbewahrt werden, also vom Netz genommen werden.
Jedoch sind diese Börsen, die es bereits gibt, noch nicht soweit, mit den zentralen Exchanges konkurrieren zu können. Sie sind langsamer, haben noch keinen vergleichbaren Funktionsumfang und bieten auch noch längst nicht das entsprechende Währungsportfolio an, das Händler nachfragen. Beispiele sind u.a. Coss, Cobinhood oder Airswap, die eifrig an Optimierungen arbeiten. Wenn es ihnen gelingt, alltagstaugliche Transaktionsraten und Sicherheit herzustellen, könnten sie zukünftig große Teile des Kryptogeschäfts übernehmen. Und damit vielen Betreibern von zentralen Börsen ein Ende bereiten. Vermeintlich seriöse Betreiber von zentralen Exchanges wie Binance arbeiten daher bereits ebenfalls an dezentralen Varianten.
Ideal wäre, wenn Kryptowährungstausch gar nicht mehr über Dritte abgewickelt werden muss.
Im sogenannten OTC (over the counter) werden Peer-to-Peer-Geschäfte außerhalb von Exchangebörsen getätigt. Hier bieten andere Handelsformen die Möglichkeit des direkten Tausches, von digitalen Märktes wie Open Bazaar bis hin zum konventionellen Straßenhandel. Letzterer kann naturgemäß nicht statistisch erfasst werden. OTC-Handel wird auch dort aktiv betrieben, wo der offizielle Handel über Börsen untersagt ist. Zuletzt hat die Börse Huobi angekündigt, einen solchen OTC-Handel in Indien zu ermöglichen.
Eine der attraktivsten Tauschmöglichkeiten für Kryptowährungen sind sogenannte atomic swaps (atomare Wechsel). Das sind Tauschoptionen von Coin zu Coin in der direkten Verbindung der jeweiligen Blockchains.
Kryptographisch basieren die Atomic Swaps auf den sogenannten Hash Time Lock Contract (HTLC), einem kryptografisches Protkoll, das die Transaktion absichert, so dass keine Treuhandpartei mehr benötigt wird.
Atomic Swaps (AS) ermöglichen den Tausch von Coins innerhalb einer privaten Wallet. Das verhindert jeglichen Zugriff Dritter, weil die Währungen die Wallet gar nicht verlassen müssen. Momentan erscheint diese Variante die zukunftsträchtigste und sicherste zu sein.
Allerdings steckt die Technologie noch in den Anfängen, und es gibt einige Hürden in der Kommunikation unterschiedlicher Blockchains zu überwinden.
Im November 2017 fand der erste Atomic Swap zwischen Litecoin und Bitcoin statt, zwei sich ähnelnden Blockchains. Litecoin ist sozusagen der Erfinder des AS und arbeitet seither intensiv an der Weiterentwicklung. Auch das Komodo-Team hat bereits einige Fortschritte erzielt und bietet AS auf seiner Blockchain eigenen Börse Barterdex an, inklusive Swaps mit Ethereum.
Seit Mitte 2018 ist das Projekt Atomic Wallet aktiviert. Eine Blockchain, die Multi-Currency-Wallets anbietet und die im Ziel ermöglichen soll, sämtliche Währungen über AS zu tauschen, ohne dass sie die privaten Wallets verlassen müssen.
Sollte dieses Ziel erreicht werden, wäre das wohl das Ende jeglicher zentraler Börsen. Es entspräche der Idee der Blockchain und von Kryptowährungen am allerbesten.
Dann wäre lediglich noch zu klären, wie man seine Euros und Dollars direkt in eine private Wallet transferiert bekommt. Aber auch dafür bestehen bereits Möglichkeiten.
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